Ich kam per Zufall auf diesen genialen Trick.
Ich hatte noch 18 Tage Resturlaub übrig, würde aber nur eine 10-tägige Reise buchen. Mittlerweile haben die meisten Urlaubsportale eine Applikation, mit der man genau das einstellen kann. Schnell legte ich mich auf eine bestimmte Hotelanlage in der Nähe von Antalya fest. Schon auf den Bildern machte sie einen unglaublich weitschweifigen, ausladenden Eindruck.
Das Ergebnis der Preisübersicht sah allerdings etwas seltsam aus. Sanft fielen die Preise bis zum Rückreise Datum 15. November. Lag der Gesamtpreis bei einer Rückreise am 10. November noch bei fast 1000 €, so sank er bis zum Rückreise Datum 15. November auf knapp über 800 €.
Dann kam der Preissprung. Man hätte für die nächsten Tage das zwei- bis dreifache zahlen müssen. Ich bedankte mich für die Steilvorlage und buchte eine Reise vom 5 bis 15. November.
Was für ein Schnäppchen!
Ein paar Tage später rief ich die Seite noch einmal auf. Merkwürdig. Weg.de konnte für keinen Tag nach dem 15. November noch einen Preis ermitteln.
Mehr Labyrinth als Hotelanlage
Vor Ort erwies sich das Hotel tatsächlich als Platzwunder. Verschlungene Flure führten Gott weiß wohin. Anscheinend hatte der Architekt vom Bauherrn die Anweisung erhalten, so wenig gerade Strecken wie möglich zu planen. Und rechte Winkel mussten auf Teufel komm raus vermieden werden.
Auch der riesige Garten/Park-Bereich hatte etwas Labyrinthartiges. Ein gigantischer Springbrunnen inmitten des Pools erwies sich auch von weit weg noch als Orientierungspunkt. Abends bot der Springbrunnen eine beeindruckende Erscheinung. Ein kompliziertes Gestänge aus Wasserleitungen stieß so Gischt aus, dass ein imposanter Halbkreis entstand. Vier verschiedene Scheinwerfer tauchten ihn in sich immer wieder verändernden Farben. Der Springbrunnen mäanderte irgendwo zwischen Kunstwerk und Meditation. Wirklich sehr beeindruckend.
Der Wendepunkt
Bis zum 10. November blieb das Hotel gut ausgebucht. Die Hotelleitung veranstaltete an diesem Tag etwas, dass sie Season Ending Gala nannte. Zu diesem Zweck hatte man die Tische und Stühle des Poolbereichs mit weißen Decken und blauen Schleifen aufgehübscht. Eine Liveband, bestehend aus einem ganz passablen Gitarrenspieler und einer wirklich schauderhaft schlechten Querflötenspielerin, säuselte ein paar Lieder. Dann betrat ein betont gut gelaunter Hotelmanager die Bühne. Er stellte mit einer Entertainerstimme die übrige Hotelleitung vor und forderte lauten Applaus.
Was er bekam, war für die ersten Hotelmanager ein energisches Klatschen von einer einzigen jungen Angestellten, die wohl noch nicht wusste, ob sie bei der nächsten Season Opening Gala mit von der Partie sein würde. Irgendwann wurde es auch ihr zu viel. Die letzten drei Manager mussten zu betretenem Schweigen auf die Bühne. Ein Feuerwerk aus einem halben Dutzend zweite-Klasse-Böllern beendete die Feier.
Der Niedergang
Schon am nächsten Tag begann ein stetiger Exodus. Das Hotel mutierte immer mehr zu einer Art Shining. Pool und Strandbar verwaisten. Liegen verschwanden, der Buffet Bereich schrumpfte. Die immer weniger werdenden Gäste fühlten sich zunehmend einsam und verlassen. Das Hauspersonal geriet in Überzahl. Nun fingen sie an, sich wie die Hotel-Katzen zu verhalten. Mit ihren Smartphones fläzten sie sich auf Sofas. Auch ihr Blick bekam etwas katzenhaftes. Lass mich bloß in Ruhe.
Gleich am 11. November kam es zu einer Fehlfunktion in dem langen Gang, der die Bar mit dem Bibliotheksraum verband. Sämtliche Neonröhren hatten einen Wackelkontakt und gingen mal an, mal aus.
Einen Tag später schalteten sie die Beleuchtung des Springbrunnens aus. Am 13. wurde der Springbrunnen selbst abgestellt. Wir sahen jetzt auf ein stählernes Gestell, dass wie Dornengestrüpp in einen bewölkten Himmel ragte.
Und wir verloren den Kontakt zur Außenwelt am 14. November. Da brach das W-LAN zusammen, und es gelang auch niemandem mehr was zu reparieren.
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